Drei Zigeuner

 

Drei Zigeuner fand ich einmal

Liegen an einer Weide,

Als mein Fuhrwerk mit müder Qual

Schlich durch sandige Heide.

 

Hielt der eine für sich allein

In den Händen die Fiedel,

Spielte, umglüht vom Abendschein,

Sich ein feuriges Liedel.

 

Hielt der zweite die Pfeif' im Mund

Blickte nach seinem Rauche,

Froh, als ob er vom Erdenrund

Nichts zum Glücke mehr brauche.

 

Und der dritte behaglich schlief,

Und sein Zimbal am Baum hing,

über die Saiten der Windhauch lief,

über sein Herz ein Traum ging.

 

An den Kleidern trugen die drei

Löcher und bunte Flicken,

Aber sie boten trotzig frei

Spott den Erdengeschicken.

 

Dreifach haben sie mir gezeigt,

Wenn das Leben uns nachtet,

Wie man's verraucht, verschläft, vergeigt

Und es dreimal verachtet.

 

Nach den Zigeunern lang noch schaun

Mußt' ich im Weiterfahren

Nach den Gesichtern dunkelbraun,

Den schwarzlockigen Haaren.

 

 

Nikolaus Lenau


 

An die Entfernte

 

Diese Rose pflück ich hier,

In der fremden Ferne;

Liebes Mädchen, dir, ach dir

Brächt ich sie so gerne!

 

Doch bis ich zu dir mag ziehn

Viele weite Meilen,

Ist die Rose längst dahin,

Denn die Rosen eilen.

 

Nie soll weiter sich ins Land

Lieb von Liebe wagen,

Als sich blühend in der Hand

Läßt die Rose tragen;

 

Oder als die Nachtigall

Halme bringt zum Neste,

Oder als ihr süßer Schall

Wandert mit dem Weste.

 

 

Nikolaus Lenau